Die Essenz agiler Produkt-entwicklung

Phillip Starke ist ein etablierter, freiberuflicher Product Owner, Scrum Master, Project Lead und Agile Coach. Mit über 8 Jahre Erfahrung im Automobilkonzern, in B2B und B2C Software Entwicklung und Datenanalyse, sowie einer Faszination für Technologie, methodische Produktentwicklung und Gruppendynamik, hilft er Kunden sehr erfolgreich dabei, wertvolle Produkte zu entwickeln. Näheres zu Phillip findet ihr auf seinem LinkedIn Profil und auf seiner Webseite.

Phillip gibt uns Einblicke über die “neue Welt” der Produktentwicklung.

Die Essenz agiler Produkt-entwicklung

In dem Diskurs um Produktentwicklung wird zu viel Wert auf Labels, spezifische Methoden und Vorgehensweisen gesetzt. Die dahinterliegenden Prinzipien und Werte werden leider zu oft ignoriert. In einem Gewirr aus Buzzwords vergessen viele, um was es in der Produktentwicklung geht. Nämlich genau darum: erfolgreich ein Produkt zu entwickeln.

Das Ziel der Produktentwicklung

Produktteams wollen Produkte entwickeln, die ihre Kunden lieben und die auch in den Unternehmenskontext passen. Sinngemäß hat Marty Cagan es so in seinem Buch Inspired formuliert. Diese Aussage bringt es auf den Punkt und beinhaltet vieles. 

Explizit bedeutet sie natürlich, dass das Team ein Produkt liefern muss. Implizit bedeutet dieser Satz, dass das Team seine Kunden und deren Probleme tiefgreifend verstehen muss. Wie sonst soll es etwas entwickeln, das die Kunden lieben? Außerdem muss das Produkt in den Gesamtkontext des Unternehmens passen. Das will/muss Geld verdienen und besitzt eine Strategie, zu der das Produkt passen muss. 

Jedoch besitzen die meisten Teams kein tiefes Verständnis ihrer Nutzer. Dieses sollte eigentlich im Rahmen von “Product Discovery” aufgebaut werden, eine der zwei Bestandteile von Produktentwicklung.

Produktentwicklung besteht aus Discovery und Delivery

Der zweite Teil der Produktentwicklung ist “Product Delivery”. Das ist die tatsächliche "Lieferung" einer Lösung in Form einer neuen Funktion im Produkt. Product Delivery beeinflusst die Effizienz in der Produktentwicklung (“Dinge richtig entwickeln”). Die meisten Teams fokussieren sich lediglich hierauf. Viele machen das auch sehr gut.

Das, was leider nicht viele Teams machen (dürfen) ist Product Discovery. Hierbei geht es darum, zuerst herauszufinden, was überhaupt entwickelt werden soll. Dies beeinflusst im Wesentlichen die Effektivität der Produktentwicklung (“Die richtigen Dinge entwickeln”).  

Produktentwicklung besteht aus Discovery und Delivery. Beide sind wichtig. Meist liegt der Fokus auf letzterem, weil Erfahrung fehlt oder die vorherrschende Firmenkultur es vorschreibt. In vielen Unternehmen ist es Usus, dass Stakeholder vorgeben, welche Funktionen entwickelt werden sollen. Das Team setzt diese lediglich um. Gut in Product Delivery - und damit effizient - zu sein, ist nichts Schlechtes. Nichtsdestotrotz bringt die effizienteste Entwicklung nichts, wenn man das Falsche liefert, wenn man nicht effektiv ist. 

Der Einfluss von Product Discovery auf das Endergebnis der Produktentwicklung, zufriedene Kunden und letztendlich Umsatz, ist daher unverhältnismäßig größer als in Delivery. Aber Discovery ist schwierig. Oft wissen wir nicht, was unsere Kunden wollen. Ja, die Kunden wissen oft selbst nicht, was sie eigentlich wollen. Deswegen ist iteratives Vorgehen so wichtig. 

Der Kern “Agiler” Produktentwicklung 

Und damit sind wir bei Agil, eine Bezeichnung, die in meinen Augen oft missverstanden wird. Zunächst, was ist Agil nicht? Agil ist kein Vorgehensmodell, keine Methode und kein Framework. 

Agil ist eine Einstellung. Das originale “Agile Manifesto” aus dem Jahr 2001 enthält 12 Prinzipien, die das Vorgehen eines Teams definieren. Der in meinen Augen wichtigste Grundsatz ist der, dass regelmäßig mit hoher Frequenz funktionierende Software geliefert wird. Dies ist für mich das Charakteristische an agiler Produktentwicklung. 

Das wichtigste sind kleine Produktverbesserungen

Gerade weil wir oft nicht wissen, was unsere Kunden eigentlich wollen, ist iteratives Vorgehen so wichtig. Dabei entwickeln wir kleine Verbesserungen, rollen diese aus, beobachten, wie die Nutzer reagieren, und passen ggf. unser weiteres Vorgehen an. 

Wenn Teams oft kleine Produktinkremente ausrollen, vermeiden sie automatisch viele Probleme, die bei Anderen üblich sind. Das Team bekommt nämlich nach einigen Tagen oder Wochen schon Feedback, statt nach vielen Monaten zu merken, dass es am Markt vorbei entwickelt hat. Fehler fallen schneller auf und haben in der Regel geringere Auswirkungen. Das Team wird außerdem besser darin, Code auszurollen. 

Einfach iterativ entwickeln

Daher mein Appell: weg von Labels, Methoden, und speziellen Frameworks und zurück zu den Grundlagen: Kundenverständnis aufbauen und iterativ entwickeln. Das ist mehr als die halbe Miete. Natürlich gehört viel mehr zur (agilen) Produktentwicklung. Aber wenn man sich lediglich darauf fokussiert, das Produkt in kleinen Inkrementen zu verbessern, macht man schon mehr richtig als viele andere. 

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