Künstliche Intelligenz – was kann sie heute schon und was wird sie morgen können

Dr. Jesper Heide (LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/dr-jesper-heide/), freiberuflicher Senior Projekt Manager & CIO, arbeitet bereits seit den 1990ern mit Künstlicher Intelligenz. Als Chaos-Physiker gelang es ihm an der Universität, aus der Biologie des menschlichen Gehirns (Cortex) ein mathematisches Modell zu erstellen und dies durch Computersimulationen zu untersuchen. Herr Dr. Heide nimmt uns mit auf eine Reise zu den Anfängen, der Gegenwart bis hin zu einem Ausblick auf die Zukunft der Künstlichen Intelligenz.

Alles begann mit der Kopie der menschlichen Fähigkeiten

Künstliche Intelligenz (KI), auch als AI bekannt, hat in den letzten Jahren stark an Aufmerksamkeit gewonnen. Die Ursprünge lassen sich bis zu den Anfängen der Informatik zurückverfolgen, als Wissenschaftler auch schon die Möglichkeit erforschten, Maschinen mit menschenähnlicher Intelligenz zu schaffen. Ein grundlegendes Konzept der KI ist die Analogie zum menschlichen Gehirn, was zur Entwicklung von Künstlichen Neuronalen Netzen (KNN) führte, die von der Gehirnstruktur inspiriert sind.
Durch aktuelle, große Fortschritte in der KI, wie der Lösung von Aufgaben, an denen der Mensch scheitert (Faltung von Proteinen, Beweis eines Theorems aus der mathematischen Knotentheorie, siehe Langartikel), zeigt sich, dass KI mehr als nur ein Werkzeug für Prozessoptimierung ist. Die jüngsten erstaunlichen Erfolge der Transformer (ChatGPT, DeepL, DALL-E etc.) zeigen, dass solche, die Logik des Gehirns spiegelnde Technik naheliegend und erfolgversprechend ist. Die prinzipiell einfache Funktionsweise von Neuronen, Dendriten und Synapsen im Gehirn bildet hierbei die Grundlage für mathematische Modelle der KNN.

Warum gibt es jetzt den seit Jahren erhofften Durchbruch bei der KI? 

In den letzten Monaten führten drei Hauptfaktoren zu einem bedeutenden Durchbruch in der Künstlichen Intelligenz:

  1. Die Hardware ist deutlich schneller geworden. Moderne KI-Algorithmen basieren mathematisch signifikant auf dem Prozess der Matrix-Multiplikation. Grafikkarten sind auf diese mathematischen Operatoren spezialisiert. Deren schnelle Weiterentwicklung hat somit wesentlich die technischen Voraussetzungen für die Entwicklung der KI geschaffen. 

  2. Es werden durch die Digitalisierung zunehmend mehr Daten generiert – Daten in hoher Qualität und Quantität sind aber eine Grundvoraussetzung für eine leistungsstarke KI. 

  3. Die KI-Algorithmen haben wesentliche Entwicklungssprünge gemacht: Besonders die Transformer (ChatGPT, Bard, Gemini etc.)  haben sich als leistungsstarke Werkzeuge erwiesen, insbesondere in der Verarbeitung natürlicher Sprache. Anwendungen wie Sprachübersetzung, Chatbots und Textzusammenfassungen profitieren von der verbesserten Genauigkeit und dem natürlichen Sprachfluss.

Die gesellschaftlichen Auswirkungen von Transformern sind bereits spürbar, da sie die Kommunikation verbessern, Sprachbarrieren nehmen und den Zugang zu großen Datenmengen erleichtern. Der Transformer-Algorithmus wurde 2017 von Google Brain im Paper "Attention Is All You Need" veröffentlicht. Diese Technik zeigt erstaunliche Erfolge in der Generierung von “menschlich wirkenden” Texten, hat aber teils deutliche Schwierigkeiten bei mathematischer Logik oder beim Rechnen. Die Architektur dieses Algorithmus ist dabei erstaunlich einfach, auch wenn es sehr große Rechenleistung benötigt, um ihn in der Praxis umzusetzen. Der Algorithmus beinhaltet dabei von der Logik her einfache Prozess-Schritte wie Tokenization, Embedding, Positional Encoding, Attention, Softmax. (zu den Details siehe Langversion des Artikels). Dies ist schlussendlich nicht mehr und nicht weniger als die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für das nächste Wort im gesamten “Vokabelraum” (Vektorraum) unter Berücksichtigung des Zusammenhangs des gesamten Textes. Die logischen Grundlagen dieses Prozesses sind einfach, was dazu beitragen sollte, einen übermäßigen Respekt vor der "magischen Box" der KI-Algorithmen wie ChatGPT zu verlieren. Dem Erstaunen vor der sehr natürlichen, fast menschlichen Wirkung der generierten Texte tut das aber keinen Abbruch - selbst die Entwickler dieses Algorithmuses waren perplex!

Ein durchschnittliches KI-Entwicklungsprojekt in Unternehmen 

KI kann in Ihrem Unternehmen erheblichen Mehrwert generieren. So kann ein Chatbot den Kundenkontakt gerade in den ersten Momenten steuern, passende Produkte vorschlagen, eine individuell passende Antwortmail formulieren oder viele Seiten Dokumente zusammenfassen. Auch die Internetsuche ist deutlich passgenauer und auf den Punkt. Es gibt also viele Möglichkeiten, KI in Ihrem Unternehmen sehr effizient einzusetzen. Und es werden immer weitere Möglichkeiten immer schneller entwickelt. Die Implementierung von KI in Unternehmen ist dabei ein mehrstufiger Prozess, der eine Vielzahl von Fähigkeiten und Kenntnissen erfordert. 

Ein durchschnittliches KI-Entwicklungsprojekt beginnt in der Regel mit der Identifizierung eines signifikanten Problems, das mithilfe von KI gelöst oder optimiert werden kann.

  1. Datenerfassung und -aufbereitung: Der erste Schritt beinhaltet die Erfassung und Aufbereitung von qualitativ hochwertigen und relevanten Daten. Datenwissenschaftler und Ingenieure spielen eine Schlüsselrolle, um sicherzustellen, dass die Daten sauber, korrekt beschriftet und repräsentativ sind.

  2. Modellentwicklung und -schulung: Im zweiten Schritt entwickeln und trainieren Experten für maschinelles Lernen Modelle unter Verwendung geeigneter Techniken. Die Auswahl des richtigen Modells erfordert tiefes Fachwissen über neuronale Netze oder andere relevante Methoden und einen großen Überblick über das Themenfeld.

  3. Modellvalidierung: Hier werden relevante Benchmarks zum Modell erhoben, die zeigen, wie es mit der Qualität des Fits Problems ↔ Modell bestellt ist. 

  4. Fine-Tuning des Modells: Im vierten Schritt erfolgt das Feintuning, was häufig erheblichen Aufwand verursacht und oft durch Feedback vom Benutzer generiert wird. Durch Rückmeldung vom User/Menschen lernt das Modell beispielsweise, wie es korrekt in der spezifischen Situation arbeitet. 

Sobald das Modell trainiert ist, muss es in die bestehende Infrastruktur oder Anwendung integriert werden. Softwareingenieure und -entwickler arbeiten zusammen, um eine nahtlose Integration zu gewährleisten, die mit den Zielen des Projektes und des Unternehmens übereinstimmt. Eine kontinuierliche Überwachung und Verbesserung sind entscheidend, um die Leistung des KI-Systems aufrechtzuerhalten. Datenanalysten und KI-Experten analysieren Ergebnisse, identifizieren Verbesserungsbereiche und feinabstimmen das Modell entsprechend.
Dr. Jesper Heide hat nach seiner akademischen Ausbildung in der Theoretischen Physik über 20 Jahre zunächst in der Strategieberatung bei Booz.Allen.Hamilton und dann als Festangestellter vor allem in der Projektarbeit zu strategischen und / oder KI- bzw IT-technischen Projekten gearbeitet. In dieser Zeit war er bei den großen Playern MunichRE, Allianz, Swiss Re oder Provinzial tätig. Als Geschäftsführer hat er beispielsweise eine KI für die Schadenbearbeitung entwickelt und implementiert. Für diese Projektarbeit war es unmöglich, die passenden Personen mit den passenden Kompetenzen im Haus zu finden. Daher sein ehrlich gemeinter Rat: nicht gut passende Personen stellen eine signifikante Gefahr für den Erfolg des gesamten Projektes dar. Es bedarf viel, sehr spezialisierten Wissen, das sich erst seit einigen Monaten entwickelt. Es ist somit hochgradig sinnvoll, für solche KI-Entwicklungen die passenden Experten für die Zeit des Projektes (oder ggf. bei weitergehenden Arbeiten auch als Festanstellung) zu gewinnen. Das Netzwerk von NEEA Connect hilft genau hier mit den passenden Experten weiter und schützt Ihr Unternehmen vor teuren und Zeit raubenden Misserfolgen. 

Ein Ausblick auf die Zukunft der KI 

Die Zukunft der KI bietet immense Chancen, aber auch Herausforderungen. KI hat das Potenzial, verschiedene Branchen zu revolutionieren, automatisierte Prozesse zu schaffen und die Effizienz zu steigern. Den Mitarbeitern bleibt dann viel mehr Zeit für die menschlichen Kernkompetenzen. Es gibt Personen, wie Elon Musk, die die Entwicklung einer Artificial General Intelligence (AGI) in 2024 erwarten. Dies kann Bedenken hervorrufen. Gerade deswegen ist es aber um so wichtiger, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern relevante Kompetenzen aufzubauen, um aktiv das Thema anzugehen und Entwicklung mit gestalten zu können.

Mit großer Macht kommt eine große Verantwortung. Ethische Implikationen wie Voreingenommenheit in KI-Systemen oder Datenschutz müssen sorgfältig berücksichtigt werden. Die KI hat bereits komplexe Probleme gelöst und das Leben verbessert, aber es ist entscheidend, das Potenzial zu nutzen und dabei gleichzeitig die Herausforderungen zu bewältigen.  Inwiefern beispielsweise das am 9. Dezember 2023 vom EU-Parlament und dem Rat gemeinsam eingebrachte KI-Gesetz dies erreichen kann, wird die Praxis zeigen müssen. In dem Gesetz ist zu lesen, dass alle KI-Systeme mit hohem Risiko vor dem Inverkehrbringen und während ihres gesamten Lebenszyklus bewertet werden müssen. Wie diese Bewertung auszusehen hat, bleibt hierbei offen. 

Eine gemeinsame Zukunft von Künstlicher Intelligenz und der Menschen erfordert verantwortungsbewussten Umgang und stetige Anpassung zum Wohle der Menschheit. Mit den wichtigen Kompetenzen und der notwendigen Bedachtheit wird dies gelingen!

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